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Es ist wichtig, sich diese Freiheit zu nehmen

Man darf auch seine Meinung ändern

Ich habe mich für etwas entschieden. Ich habe mir viele Gedanken darüber gemacht und mich aus guten Gründen so entschieden, wie ich es entschieden habe. Aber nun merke ich, dass es wichtig ist, Dinge zu verändern.

Oftmals kleben wir an unseren Entscheidungen. Zugegeben, Entscheidungen zu treffen ist auch häufig anstrengend und bedarf Zeit. Das alles wieder über Bord zu werfen, fällt schwer. Warum ist es eigentlich so schwer? In der Psychologie wird manchmal von sunk cost gesprochen: Kosten, die wir in etwas versenkt haben und die uns daran binden, obwohl wir merken, dass der Plan nicht auf geht- ich habe bereits Zeit, Geld und Energie in etwas investiert, jetzt die Segel zu streichen fühlt sich äußerst unbefriedigend an.

Wenn man einen Schritt zurück geht und mit etwas mehr Distanz auf diese Gegebenheiten blickt, sieht man eins: Man wird noch mehr Zeit, Geld und Energie versenken und es wird nichts dabei herauskommen. Besser also jetzt abspringen, bevor noch mehr versenkt wird und man zugeben müsste, dass man es hat kommen sehen.

Damit will ich nicht sagen, dass man sofort aufhören sollte, wenn man merkt, dass etwas schwierig wird. Ganz und gar nicht. Ich spreche davon, dass man Entscheidungen revidieren oder abändern darf, wenn man merkt, so geht es nicht weiter. Manchmal müssen wir auch nicht das ganze Konzept ändern, sondern nur ein paar Stellschrauben drehen und dann läuft es wieder.

So werde ich das auch hier machen: Mein ursprüngliches Bewusstseinsbox-Konzept funktioniert nicht so, wie ich es mir vorgestellt habe. Das ist okay. Ich musste erst ins Tun kommen, um zu merken, an welchen Ecken es hapert. Nun kann ich Veränderungen vornehmen. Die Veränderungen sehen so aus: Ich werde die Youtube-Videos zur Bewusstseinsbox in meinen bereits länger bestehenden Youtube-Kanal „Herz auf der Zunge“ integrieren (den findet ihr jetzt, wenn ihr auf das linke Youtube-Symbol am oberen Rand der Seite klickt. Der Bewusstseinsbox-Kanal bleibt bestehen und ihr könnt die dortigen Videos finden, indem ihr auf das rechte Symbol klickt). Zwei Kanäle zeitgleich zu betreiben, schaffe ich vom Aufwand her nicht. Außerdem werde ich das Konzept, dass pro Woche ein Thema auf allen drei Plattformen behandelt wird, loslassen. Ich drehe Videos, über Themen, über die ich reden will. Ich schreibe Blogeinträge über Themen, über die ich spontan schreiben möchte, und auch meine Instagram-Posts werden sich nicht mehr nach einem übergeordneten Thema richten, sondern ganz frei und abwechslungsreich sein.

Was sich nicht ändert: Ich biete weiterhin meine Beratung und meinen Kurs an und bin für euch da mit allem, was ich habe und was ich bin. Ich freue mich auf alles, was sich hier noch entwickeln wird und freue mich sehr über Kommentare, Rückmeldungen, Mails und Interesse von euch!

Mit ganz viel Liebe,

Eva

Männer und Scham

Es gibt nur drei Optionen: Toben, Abschotten oder Zudröhnen

Die Gefühlswelt von Frauen und Männern und allen anderen Geschlechtern unterscheidet sich grundsätzlich nicht. Gefühle sind menschlich. So empfinden auch Frauen Wut und auch Männer Unsicherheit. Allerdings gestatten uns unsere Geschlechterrollen nicht gleichermaßen, alle Gefühlsfacetten auszuleben und das führt zu sehr unterschiedlichem Umgang mit Gefühlen.

Ich als Frau konnte manche Verhaltensweisen, die Männer häufig zeigen, nicht ganz verstehen, bis ich Brené Browns Buch „Verletzlichkeit macht stark“ las. Die Regel, nach der Männer leben, lautet „Sei nicht schwach“ und wenn sie es doch sind, empfinden sie Scham.

In ihrem Buch berichtet Brené Brown von einem mutigen Studienteilnehmer, der ihr die Situation so erklärte, dass diese Regel „Sei nicht schwach“ wie eine Kiste sei. Er führte ihr das Leben in der Kiste vor, indem er sich zusammenkrümmte und sagte:

„Du hast wirklich nur drei Wahlmöglichkeiten: Entweder du verbringst dein Leben damit, zu kämpfen, da rauszukommen, indem du gegen die Wände der Kiste schlägst und hoffst, dass sie kaputt geht. Du bist immer wütend und schwingst immer die Faust. Oder du gibst einfach auf. Dir ist alles scheißegal. Oder du dröhnst dich zu, damit dir nicht wirklich auffällt, wie unerträglich es ist. Das ist der einfachste Weg.“

Brené Brown „Verletzlichkeit macht stark“, Goldmann 2017, S.116

Dieser mutige junge Mann hat nicht nur Brené Brown die Augen geöffnet, sondern auch mir. Seine Worte berühren mich tief und es macht mich traurig und betroffen daran zu denken, wie die Männer in meinem Leben eingesperrt und alleine in ihren Kisten sitzen und partout nie schwach sein dürfen.

Wenn man nun denkt „Ja, das ist echt schlimm, wie die Männer untereinander sind“, muss ich leider sagen: Wir Frauen tragen unseren Teil dazu bei. In unserer eigenen Überforderung im Kampf mit unseren Schamauslösern, verlassen wir uns allzu oft darauf, dass die Männer das Ganze schon ertragen werden, uns tragen werden. Wir verheddern uns in unserem Schamnetz und ein Mann, der Schwäche zeigen will, hat da keinen Platz.

Ich glaube, dass es Anstrengungen und innere Arbeit von allen Seiten braucht, damit Frauen unvollkommen und Männer schwach sein dürfen, ohne dass sie dabei in einen Schwamsturm sondergleichen geraten.

Unperfekt sein ist nicht unweiblich. Schwach sein ist nicht unmännlich. Beides ist einfach nur zutiefst menschlich.

In meinem Video zum Thema gehe ich noch einmal mehr auf die gesellschaftlichen Rollenerwartungen ein, die die Scham bei beiden Geschlechtern in die Höhe treiben. Schau gerne vorbei:

Interessant könnte auch das Video zum Thema Akzeptanz sein, um das Wissen über den Umgang mit Emotionen zu vertiefen. Alle Videos findest du auf meinem Youtube-Kanal.

Wie Perfektionismus uns davon abhält, gesehen zu werden

Wenn ich alles richtig mache, kann mir niemand etwas

Die Angst vor Ablehnung ist tief verwurzelt in uns Menschen. Wir gehören einer sozialen Spezies an und wollen, ja müssen sogar, zu einer Gruppe dazuzugehören. Deswegen sind wir ganz fein darauf eingestellt, Signale der Ablehnung sofort zu erkennen und darauf zu reagieren. Das macht Sinn, aber in der heutigen Zeit leben wir nicht mehr in einer Gruppe von 30 Individuen, sondern in vielen und viel größeren und sehr unterschiedlichen Gruppen und jede dieser Gruppen sendet uns unterschiedliche Signale, was sie von uns erwartet. Dem können wir gar nicht gerecht werden, doch mit Perfektionismus versuchen wir es trotzdem.

Beim Perfektionismus geht es um den zum Scheitern verurteilten Versuch, alles richtig zu machen, unangreifbar, ja eben perfekt zu sein, auf allen Ebenen. Dabei gibt es individuelle Schwerpunkte und Ideen davon, wie man perfekt sein könnte, aber was alle gemeinsam haben, ist, dass es nicht darum geht, seine Sache möglichst gut zu machen und über sich hinauszuwachsen. Es geht darum, keine Fehler zu machen und keine Schwäche zu zeigen. Das ist unglaublich einengend und anstrengend. Vollzeit-Perfektionist:innen verbindet eine tief sitzende Sehnsucht, loslassen zu können und endlich einmal zu entspannen. Aber das geht nicht, denn das Furcht-System ist auf Hochtouren. Bei jedem Handschlag lauert erneut die Gefahr, Fehler zu machen und dafür hinterher angeprangert zu werden: Was gebe ich meinen Kindern zu essen? Ist mein Hund genug ausgelastet? Sieht mein Zuhause schön aus? Kümmere ich mich genug um meine Beziehung, damit ich mir hinterher nicht vorwerfen muss, etwas versäumt zu haben, wenn ich verlassen werde? Lebe ich so, dass mir niemals jemand einen Vorwurf machen kann?

Dieses Vorhaben ist unmöglich. Perfektion existiert nicht. Sie bleibt unerreicht. Und mal ganz ehrlich, wie wirkt vermeintliche Perfektion von Außen auf dich? Findest du solche Menschen anziehend und einladend? Fühlst du dich wohl neben so jemandem?

Unsere unvollkommene Menschlichkeit voller Makel und Fehler macht uns erst zu Individuen, mit denen man sich verbinden kann, in denen man sich selbst sieht und sich verbunden fühlt. Deswegen möchte ich dich ermuntern: fröne dem Perfektionismus nicht weiter, sondern lasse dich auf dich und deine Menschlichkeit ein- hab den Mut.

Wenn du noch mehr über dieses Thema hören möchtest, schau in mein dazugehöriges Youtube-Video oder folge mir auf Instagram.

Selbstmitgefühl statt Selbstkritik führt zu einem besseren Verhältnis zu sich selbst

Der Feind in meinem Kopf

Heute illustriere ich euch, was in meinem Kopf vorgeht, wenn ich einmal auf die selbstkritische und das andere Mal auf die selbstmitfühlende Stimme in meinem Kopf höre. Die Situation ist dieselbe: ich wurde zurückgewiesen.

Selbstkritiker: Na, so wie du aussiehst, ist es doch kein Wunder, dass dich keiner will.

Ich: Aber vielleicht geht es nicht nur ums Aussehen.

Selbstkritiker: Naja, was anderes hast du ja auch nicht gerade zu bieten.

Ich: Aber ich bin doch ein echt umgänglicher und freundlicher Mensch.

Selbstkritiker: Das mag vielleicht irgendwo stimmen, aber das reicht nicht, um für jemanden attraktiv zu sein. Du solltest lieber mal dein Leben auf die Kette kriegen. Mehr Sport machen. Die Wohnung sieht auch zum Fürchten aus. Außerdem hast du es auf der Karriereleiter auch noch nicht weit gebracht. Und du bist 33. Meinst du ehrlich, du wirst in diesem Leben noch mal eine Familie haben? Ich glaube eher nicht. Schau dir die anderen an. Die haben alles, was du auch willst. Das ist doch kein Zufall. Das liegt an dir ganz allein, weil du eine Versagerin bist. Und deswegen will dich keiner. Da schließt sich der Kreis.

Wie fühle ich mich nach dem Dialog? Furchtbar. Niedergeschlagen, traurig, hoffnungslos, einsam. Wie gehe ich damit um? Ich ziehe mich zurück, rede mit niemandem und esse. Ich esse natürlich nichts Gesundes, sondern eher etwas Richtung Schokolade und vielleicht gönne ich mir auch eine Pizza oder Chips, da bei mir eh Hopfen und Malz verloren sind und ich mich irgendwie trösten muss.

Selbstmitfühlender Anteil: Oh man, das ist jetzt echt hart für dich und ganz schön schade. Du hast dir Hoffnungen gemacht und dich verletzlich gezeigt und wurdest dann zurückgewiesen. Das tut weh und ist echt nicht schön.

Ich: Ja, das stimmt. Es macht mich echt traurig.

Selbstmitfühlender Anteil: Ja, na klar. Das ist auch ganz normal. Jeder würde so empfinden an deiner Stelle. Du bist nicht die Einzige, der so etwas passiert. Alle erleben mal Enttäuschung und Zurückweisung. Es ist nichts komisch mit dir. Was würde dir gerade gut tun?

Ich: Ich weiß nicht genau. Ich glaube, irgendetwas, das mich aufmuntert, wäre schön. Vielleicht könnte ich auch mit einer Freundin reden und mich ein bisschen aufbauen lassen.

Selbstmitfühlender Teil: Das ist eine gute Idee. Du darfst dir jetzt helfen lassen. Und lass dir noch gesagt sein: alles ist in Ordnung mit dir und irgendwann wirst du jemanden treffen, mit dem es ganz anders laufen wird. Bis dahin machst du dir deine Zeit so schön wie möglich und entspannst dich. Alles ist okay so wie es ist.

Ich: Puh, ja, im Grunde geht es mir ja auch ganz gut so alleine. Ich brauche ja nicht unbedingt jemanden. Aber zurückgewiesen werden ist schon einfach doof.

Selbstmitfühlender Teil: Ja, na klar. Das ist keine schöne Erfahrung. Dann ruf jetzt mal jemanden an und vielleicht magst du auch noch einen Tee dazu trinken.

Ich: Das mache ich.

Wie fühle ich mich nach diesem Dialog? Ruhiger, immer noch etwas verletzt, aber nicht mehr so aufgewühlt. Ich kann mir die Hilfe holen, die ich brauche, nämlich menschliche Verbindung und Nähe. Ich fühle mich zwar etwas geknickt, aber hoffnungsvoller und nicht allein, da jedem Menschen so etwas mal passiert.

Glaubst du immer noch, dass Selbstkritik dich weiter bringt als Selbstmitgefühl?

Wenn du noch mehr zum Thema hören möchtest, schau mal in mein Youtube-Video dazu:

Selbstliebe und Selbstverantwortung

Das Power-Couple für ein tolles Leben

Ein schönes Leben kommt nicht von alleine. Viele von uns glauben, dass ein schönes Leben der Normalzustand sei und dass wir etwas falsch machen, wenn das eigene Leben nicht super schön ist. Das ist ein Irrglaube. Das Leben ist nicht darauf aus, für uns möglichst schön und einfach zu sein. Dem Leben ist es tatsächlich relativ egal, was wir wollen. Es ist einfach, wie es ist. Dazu gehören schöne und schwierige und bisweilen schlimme Dinge. Was wir aber aus unserer begrenzten Lebenszeit machen, liegt ganz in unserer Hand und um das Beste herauszuholen, bieten sich zwei Eigenschaften ganz besonders an: ein hohes Maß an Selbstliebe und Selbstverantwortung.

Der Kampf gegen uns selber und die Umstände raubt uns sehr viel Energie und färbt unser Leben oft in den trübsten Farben. „Wäre ich doch anders… Wären die Dinge doch anders…“ So zu denken, bringt uns nicht vorwärts.

Aber aus dem Jammertal gibt es einen Weg hinaus: nimm dich an mit allem, was zu dir gehört. Entwickle einen liebevollen Blick, wenn du dich betrachtest. Gegen die innere kritische Stimme zu kämpfen, bringt nichts. Ihr einen starken liebevollen Gegenspieler an die Seite zu stellen hingegen schon. Und mach dir klar: Du bist deines Glückes Schmied- so abgedroschen dieser Satz klingen mag. Die Verantwortung für dein Wohlergehen liegt bei dir, bei niemandem sonst, auch nicht beim Leben.

Selbstliebe ohne Selbstverantwortung führt meist nicht zu den großen Veränderungen. Selbstverantwortung ohne Selbstliebe kann hart werden. Beides zusammen ist die beste Kombination, um vorwärts zu kommen und das Leben zu gestalten, dass wir uns wünschen.

Möchtest du mehr zu dem Thema Selbstliebe hören? Dann schau in mein dazugehöriges Youtube-Video:

Selbstverantwortung bedeutet, Erwartungen an andere loszulassen

Die Freiheit, das eigene Leben zu gestalten

In seinem Buch „Selbstbestimmt leben“ schreibt der argentinische Gestalttherapeut Jorge Bucay:

„Ich bin der Dirigent dieses Orchesters, auch wenn ich nicht alle Instrumente spielen kann“

Damit fasst er sein Konzept der Selbstabhängigkeit wunderbar zusammen: ich bin dafür verantwortlich, dass die Instrumente gespielt werden und dass alle im gleichen Takt sind, aber wer diese Instrumente spielt, ist ersetzbar- mit anderen Worten, niemand in meinem Leben muss in meinem Orchester mitspielen, wenn er oder sie nicht möchte. Niemand ist dafür verantwortlich, außer mir selbst.

Wir machen sehr gerne andere dafür verantwortlich oder versuchen sie auf unbewusste Art dazu zu manipulieren, dass sie die Fiedel für uns in die Hand nehmen, obwohl sie es nicht wirklich wollen. Wenn du dir das einmal vor Augen führst- fühlt sich das richtig an? Fühlt es sich gut an, jemanden dazu zu bringen, etwas für dich zu tun oder zu sein, dass er oder sie gar nicht möchte?

Ich habe für mich entschieden, dass es sich nicht gut anfühlt und ich das nicht möchte. Deswegen entlasse ich Menschen aus der Verantwortung für mich- und gleichzeitig entlasse ich mich aus Verantwortungen für andere, die ich nicht freiwillig übernehmen möchte. Nicht nur ich bin selbstverantwortlich, alle anderen mündigen Erwachsenen auch.

Die meisten von uns sind in irgendwelchen Verstrickungen gefangen. Du übernimmst die Verantwortung für mich, ich für dich. Es geht nie gut aus, denn keiner weiß so gut, was ich brauche, wie ich selber. Deswegen bleibt es immer irgendwie in Schieflage. Und sollte der andere sich weigern, das zu tun, was ich will, wird es richtig prekär. Natürlich dürfen wir andere Menschen um Unterstützung, Hilfe und Gefallen bitten. Das meine ich hier gar nicht. Verstrickungen laufen unausgesprochen ab und wie das Wort schon sagt, sie binden uns ein und verwickeln uns. Da bleibt nicht mehr viel Bewegungsspielraum.

Die Verstrickungen und Erwartungen loszulassen gibt uns zwei ganz wichtige Dinge, um ein selbstbestimmtes erwachsenes Leben zu führen: Freiheit und Macht. Beides dürfen wir dafür einsetzen, ein Leben zu gestalten, das mit uns und unseren Werten in Einklang ist.

Möchtest du noch mehr über das Thema Selbstverantwortung hören? Dann schau in mein Youtube-Video rein:

Scham hält uns davon ab, uns zu zeigen

Kenne deinen Feind

Scham ist das sehr starke Gefühl, das in uns auftaucht, wenn wir glauben, dass das, was oder wie wir sind, nicht in Ordnung ist und dass es niemand jemals sehen sollte. Es ist das Gefühl, wenn wir uns wie ertappt fühlen und am liebsten im Erdboden verschwinden würden. Scham ist so machtvoll, weil es an unserem Grundbedürfnis der Zugehörigkeit rüttelt. Als soziale Wesen ist es überlebenswichtig dazuzugehören. Die Scham flötet uns aber ins Ohr „Du nicht. Du gehörst nicht dazu. Du bist defekt. Lass es besser keinen sehen.“

Um uns von Scham nicht in unserem Leben ausbremsen zu lassen und nicht Teile von uns in den Kerker zu werfen, damit sie ja niemand sieht, brauchen wir Mut und Schamresilienz. Ein wichtiger Bestandteil von Schamresilienz, das heißt ein guter und konstruktiver Umgang mit Scham, ist zu wissen, wann und wo und wie Scham bei uns zuschlägt. Scham empfindet jeder, aber bei welchen Themen sie anspringt und wie wir reagieren, ist individuell verschieden. Um nicht aus dem Blauen heraus erwischt zu werden, tut es gut, uns in dieser Sache selbst zu kennen.

Dr. Linda Hartling beschreibt drei verschiedene Reaktionsweisen auf Schamgefühle: Attacke, Rückzug und Einschmeichlung oder auf englisch move against, move away und move toward. Wenn wir dazu neigen bei Scham zu attackieren, versuchen wir, die Macht zurückzuerobern und gehen dabei auch über Leichen bzw. über verletzte Gefühle hinweg. Wir werden aggressiv und beschämen den anderen zurück. Wenn wir uns eher zurückziehen im Falle von Scham, dann verstecken wir uns und unsere Wahrheit, wir bringen uns selbst zum Schweigen und haben Geheimnisse. Im Falle der Einschmeichlung versuchen wir den anderen auf unsere Seite zu holen, indem wir uns anbiedern und versuchen zu gefallen. Das geht meistens auf Kosten unseren Selbstrespekts.

Wir reagieren nicht immer gleich, aber uns zu beobachten und zu wissen, wie wir wann reagieren, kann uns helfen, beim nächsten Mal einen anderen Weg einzuschlagen. Wenn ich zur Attacke neige, dann wäre es ein erster Schritt, vielleicht nicht anzugreifen, sondern zuzulassen, dass ich die unangenehmen Gefühle überhaupt erst einmal wahrnehme. Als Gegenmittel zum Rückzug hilft zumindest zu versuchen sich zu öffnen. Bei Einschmeichlung könnten wir üben, die Spannung auszuhalten und nicht dem anderen nach dem Mund reden. Frag dich, was die mutige Reaktion in diesem Moment wäre. Nicht die automatische. Und schon hat die Scham uns nicht mehr ganz so fest im Griff.

Unsere Reaktionen auf Schamgefühle zu kennen, ermöglicht es uns, uns zu befreien und mit offenerem Herzen im Leben zu stehen.

Möchtest du mehr zu dem Thema Scham hören? Dann schau in mein Youtube- Video, in dem ich mehr über das Gefühl Scham und Schamresilienz erzähle:

Wir brauchen Verletzlichkeit, um in Kontakt mit der Welt zu kommen

Unsere Rüstung hält uns vom Leben fern

Verletzlichkeit ist unbequem, sie macht uns Angst, sie fühlt sich gefährlich an- warum sollten wir uns also darauf einlassen? Sie ist der einzige Weg, um wirklich und wahrhaftig mit den Menschen und der Welt um uns herum in Kontakt zu kommen. Deswegen.

Denke einmal darüber nach: wir verstecken uns und schützen uns mit verschiedensten Rüstungen. Zum Beispiel Coolness. Oder Perfektionismus. Oder schlicht Härte und Beherrschung. Hinter diesen Sachen können wir unser wahres Ich fabelhaft verstecken. Keiner sieht, wie nervös wir wirklich sind. Keiner merkt, dass unser Herz zerbrochen ist oder wir Angst haben, vor Ablehnung, dem Scheitern, dem Alleinsein. Es macht Sinn, dass wir das verstecken wollen, aber der Nachteil ist: keiner sieht, wie nervös wir wirklich sind. Keiner merkt, dass unser Herz zerbrochen ist oder wir Angst haben. Keiner sieht unser wahres Ich. Keiner kann für uns da sein, uns beistehen, uns helfen. Hinter der Rüstung sind wir alle diese verletzlichen Sachen und damit ganz alleine.

Da wir Menschen sind, sind wir dafür gemacht, dass wir miteinander leben. Die Menschheit ist eine soziale Spezies. Wir können nicht gut alleine leben. Es macht uns sogar krank. Einsamkeit ist eine Epidemie der neuesten Zeit und ist mitunter lebensgefährlich. Das bedeutet: wir müssen hinter unseren Rüstungen hervorkommen und uns zeigen.

Das erfordert eine Menge Mut, ich mach euch nichts vor. Verletzlichkeit ist schwer, aber es lohnt sich. Erinnere dich an Situationen, in denen du dich getraut hast, hinter der Rüstung hervorzuschauen, und als dann jemand für dich da war, dich getröstet hat oder dir geholfen hat. Erinnere dich an Situationen, in denen du es gewagt hast, dein Herz zu riskieren, und was du dabei gewonnen hast.

Ich wiederhole es noch einmal: Verletzlichkeit ist zwar hart, aber es lohnt sich, denn durch sie kommen wir mit den anderen Menschen und mit dem Leben an sich in Kontakt, können Verbundenheit aufbauen und mit vollem Herzen bei der Sache sein. Sammle deinen Mut für das nächste Mal, in dem du dich entscheiden kannst: Spiel ich es cool und tu so als würde es mir nichts bedeuten oder zeige ich mich und spreche aus, was mein Herz zu sagen hat. Trau dich!

Wenn du mehr zum Thema Verletzlichkeit erfahren möchtest, schau gerne auch in mein Youtube-Video rein oder gucke dir meine Beiträge auf Instagram an.

Wenn du noch mehr darüber erfahren möchtest, komm in meinen „Frauenräume“-Kurs!

Bei Achtsamkeit geht es nicht nur um Bewusstheit

Ein warmes Licht scheinen

Achtsamkeit bedeutet mit allen Sinnen im Hier und Jetzt zu sein. Man kann es sich vorstellen, wie ein Scheinwerfer, den man auf den gegenwärtigen Moment, mit allem, was dazu gehört, richtet.

Aber oftmals ist künstliches Licht zwar hell, aber auch kalt. Reine Achtsamkeit kann auch diesen Anschein machen, deswegen gibt es spezielle Haltungen, die wir einnehmen wollen.

Wir wollen kein kaltes Licht leuchten, sondern warme Sonnenstrahlen das, was wir wahrnehmen, erhellen und erwärmen lassen. Wir schauen also mit einem warmen, liebevollen Blick auf die Dinge.

Anders als wir es sonst oft machen, versuchen wir, nicht alles dauernd zu bewerten. Alles, was ist, ist bereits und deswegen tun wir gut daran, es erst einmal so zu akzeptieren. Ich kann mich auf den Kopf stellen- das, was bereits ist, werde ich nicht mehr ändern. Wir verstehen, dass alle Dinge ihre eigene Zeit haben und nehmen deswegen die Haltung der Geduld ein. Wir sind offen für das, was da ist, wie es da ist, und geben dem den Raum, das zu werden, was es werden will, statt ihm das überzustülpen, was wir denken, was es sein sollte. Wir zwingen die Dinge nicht gewaltsam in eine bestimmte Richtung. Dabei haben wir Vertrauen, dass das auch gut sein wird und dass es eine Weisheit der Welt gibt, die unseren Horizont übersteigt. Wir sind dankbar für das, was da ist, und lassen das, was gehen will, auch wieder los.

Natürlich ist das leichter gesagt als getan, aber wenn wir immer wieder üben, in diese Haltungen zu schlüpfen und auf diese Art der Welt zu begegnen, dann wird es uns mit der Zeit immer leichter fallen. Präsenz und Bewusstheit sind der Schlüssel dafür, den metaphorischen Fuß in die Türe zu bekommen, um eine bewusste Entscheidung zu treffen „Wie möchte ich darauf reagieren?“. Meistens sind wir im Autopilot unterwegs und reagieren direkt auf die Reize im Außen- wir werden wütend, traurig, sagen Dinge, die wir hinterher bereuen. Aber, wie der Begründer der Logotherapie Viktor Frankl sagt: „Zwischen Reiz und Reaktion gibt es einen Raum“- und diesen Raum können wir ausweiten und mit den Haltungen der Achtsamkeit ausstatten: Nicht-Bewerten, Geduld, Offenheit, Vertrauen, Nicht-Greifen, Akzeptanz, Dankbarkeit und Loslassen. Und, eine gesunde Portion des weichen liebevollen Blicks nicht vergessen.

Interessiert dich das Thema? Dann schau doch mal in mein dazugehöriges Youtube-Video rein, in dem ich dir in 11 Minuten erkläre, was Achtsamkeit bedeutet und warum es uns zu mehr Wohlbefinden und Verbundenheit führt.